Selbstgenutztes Wohneigentum als Altersvorsorge

Betongold

Immobilien genießen den Ruf einer hervorragenden, stabilen Wert- oder Kapitalanlage. Und das zu Recht! Das bedeutet aber nicht, dass sie die in sie gesetzten Erwartungen noch immer erfüllen konnten. Es gab und es wird auch in Zukunft mit Sicherheit Situationen geben, in denen „Betongold“ auf den ersten beiden Silben betont wurde, bzw. werden wird. Die sind mit Sicherheit keine schönen Erfahrungen. Denn Beton ist bekanntlich schwer wie Stein und zieht einem in der Not auch gerne nach Unten.

In diesem Beitrag möchte ich das Thema Immobilien als Teil der Altersvorsorge behandeln. Ziel dieser Information ist, Sie in die Lage zu versetzen, Ihr Alterskapital – und genau als das müssen Sie (auch) Ihre selbstgenutzte Wohnimmobilie sehen – möglichst effektiv für diesen Zweck zu nutzen. Meine finanzplanerische Betrachtung wird Ihnen helfen, teure Fehler zu vermeiden, Chancen zu erkennen, um möglichst viele Vorteile aus Ihrem Kapital zu ziehen.

In einem ersten Schritt geht es allerdings nur darum, sich richtig und vorausschauend zu organisieren. Sich also eine Grundaufstellung zu schaffen, welche Betongold flexibler werden lässt, als dies in der Regel der Fall ist.

Emotionen

Wer eine emotionale Verbindung zu einer Kapitalanlage entwickelt verliert die Fähigkeit im richtigen Moment, das richtige zu tun.

Die Idee einen Teil des Alterskapitals in eine eigene, selbstbewohnte Liegenschaft zu investieren, ist grundsätzlich eine gute Idee. Drei Faktoren sprechen dafür:

  • Wohnen stellt ein Grundbedürfnis dar. Wer in dieses Grundbedürfnis investiert, sichert sowohl seinen aktuellen als auch seinen zukünftigen Bedarf weitgehend ab.
  • Mit dem Kauf einer eigenen Immobilie schützt man sich vor steigenden Mieten in der Zukunft.
  • Immobilien sichern das angesparte Kapital vor der schleichenden Wertverlust des Geldes.

Jetzt ist es aber in den allermeisten Fällen so, dass sich der Bedarf und die Bedürfnisse, aber auch die eigenen Möglichkeiten über die Zeit ändern. Eine Wohnung kann zu gross, der Garten zu anstrengend, die eine Treppe eine Treppe zu viel sein, um auf alle Ewigkeit optimal zu sein. Ausserdem ist es ein Irrtum zu glauben, dass Wohneigentum bedeutet, dass man kostenfrei wohnen würde. Dem ist nicht so. Und zu guter Letzt gibt es noch andere Aspekte der Kapitalbindung, auf welche wir nachher zu sprechen kommen.

Mit anderen Worten: Die Bedürfnisse ändern und ein Verkauf der Liegenschaft könnte irgendwann angezeigt sein.

Leider halten sich die meisten Eigenheimbesitzer nicht an die wichtigste Regel bei der Vermögensverwaltung: Keine Emotionen! Wer eine emotionale Bindung zu seiner Liegenschaft aufbaut, riskiert im entscheidenden Moment „Ladehemmungen“ zu zeigen. Das bedeutet, dass man Argumente anders gewichtet, entscheidende Fakten leugnet oder unter den Tisch fallen lässt.

Anders als bei Wertpapieren (Aktien, Obligationen, etc.) oder Edelmetallen beschränkt sich die daraus ergebenden Fehlentscheidungen nicht nur auf finanzielle Verluste. Es sind geht in diesen Fällen auch um physische und psychische Belastungen.

Übergewicht

Eine ausgewogene Anlagestrategie wird allen Lebenslagen gerecht.

Man geht davon aus, dass ein Haushalt rund ein Drittel des Einkommens für das Grundbedürfnis „Wohnen“ ausgeben. Bei der Altersvorsorge ist deshalb zu beachten, dass dieses Verhältnis beachtet wird. In vielen Fällen ist das aber nicht der Fall, weil durch die gestiegenen Immobilienpreise immer mehr Geld zur Tilgung der Hypotheken verwendet werden muss und immer weniger für „flüssige“ Mittel übrigbleibt. Die Anlageklasse „Immobilien“ ist in diesen Fällen übergewichtet.

Das kann im Alter zum Problem werden. Vielleicht reicht das Einkommen aus AHV und BVG aus, den Alltag zu finanzieren. Aber wie bereits erwähnt, ist der Unterhalt einer Liegenschaft nicht kostenlos zu haben. Wenn die Heizung, das Dach oder eine andere Grossinvestition fällig ist, fehlen die liquiden Mittel, um das Nötige zu tun.

Noch schlimmer ist, wenn die Renten zu klein sind, um das Leben zu finanzieren. Man auf dem Papier vielleicht sogar Millionär*in ist, die Rechnungen aber trotzdem nicht bezahlen kann. Dann rückt einem ins Bewusstsein, dass man Betongold nicht essen kann. Und die Rechnungen nicht damit zu begleichen sind.

Eine einseitige Anlagestrategie in das eigen Wohneigentum ist nur zu rechtfertigen, wenn die übrigen flüssigen Mittel oder das Alterseinkommen ausgesprochen großzügig bemessen sind und den normalen Lebensbedarf abdecken können.

 

Ausgabenverteilung Haushalte Schweiz

Screenshot srf.ch – Quelle: Bundesamt für Statistik

 

Up and Down

Alles hat seine Zeit. Auch die Ansprüche an die eigene Immobilie sollte sich der Zeit beugen und kein Eigenleben führen.

Die Engländer haben ein sehr pragmatisches Verhältnis zu ihren Häusern. Natürlich sind auch auf der Insel Immobilien ein Teil des Status, den man nach Aussen trägt, aber ihre Eitelkeit geht nicht soweit, dem alles unterzuordnen.

Firstbuyers – so nennen die Briten jene Bürger*innen, welche ihr erstes Haus anschaffen – haben in der Regel noch nicht viel Geld auf der hohen Kante. Deshalb kaufen Sie nicht ihr Wunsch- oder Traumhaus, sondern ein kleines Häuschen, welches in der Regel nicht mehr als zwei Zimmer und eine kleine Küche beinhaltet.

Sobald sie mehr Geld zur Verfügung haben, verkaufen sie die erste Liegenschaft wieder und steigen in eine höhere Klasse auf. Das tun sie immer wieder, sobald es das Bankkonto (und die Bank…) zulassen.

Der Unterschied zu Kontinentaleuropäern ist jedoch, dass sie auch den umgekehrten Weg gehen. Wenn das Einkommen wegfällt, betrachten Sie ihr Haus erstens als Kapitalanlage zur Altersversorgung und verkaufen es mit Gewinn, um mit einem Teil des Ertrages ihre Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Gleichzeitig suchen sie sich ein Haus, welches den neuen Lebensumständen entspricht. Also möglichst eines, welches bequem und nicht zu gross ist. Den grosse Häuser müssen geputzt und unterhalten werden. Das fällt im Alter immer schwerer.

Wir würden auch in der Schweiz gut daran tun, uns eine Scheibe von der britischen Gewohnheit abzuschneiden. Betrachten Sie Ihr Haus nicht als Höhepunkt ihres irdischen Schaffens, sondern als Werkzeug, welches einen Zweck erfüllen muss. Ändert der Zweck und die Umstände, dann wechseln sie zu einem passenden Werkzeug. Genau so, wie sie es auch mit ihrem Auto machen würden.

Timing

Verkaufe in der Zeit, dann hast Du keine Not. Wer rechtzeitig verkauft, hat weniger Stress und muss nicht unter Druck verkaufen.

Wenn Sie sich die ersten drei Punkte zu Herzen genommen haben, dann fällt es Ihnen viel leichter sich von Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung zu trennen, wenn die Zeit gekommen ist und der Zeitpunkt günstig scheint.

Diese innere Flexibilität erlaubt es Ihnen, den günstigen Zeitpunkt für einen Verkauf zu wählen. Es ist im Prinzip wie beim Skifahren: Wenn Sie bis zum letzten Moment warten, um auf der Piste zum Schwung anzusetzen, kann es vielleicht schon zu spät sein und Sie landen im Schnee. Sich rechtzeitig darauf vorzubereiten bedeutet, dass man frei entscheiden kann und Gestaltungsfreiheit hat. Sieht nicht nur eleganter aus, sondern ist um ein Vielfaches sicherer.

Sich rechtzeitig zu entscheiden, bedeutet bei einer Immobilie, dass man den richtigen Zeitpunkt für einen Verkauf wählen kann. Dass man nicht unter Druck entscheiden muss, sondern warten kann, bis das richtige Angebot ins Haus flattert. Wer bei einem Liegenschaftshandel in Not ist, macht selten ein gutes Geschäft.

Fazit

Betongold kann eine gute Kapitalanlage und ein wertvoller Bestandteil der Altersvorsorge sein, wenn man die oben genannten vier Grundregeln einhält.

Wenn Sie hierzu Fragen und Anmerkungen haben: Wir von Pro55+ sind gerne bereit, diese zu beantworten, bzw. mit Ihnen zu diskutieren.

 

Was kann schon schiefgehen…?!

In meinem nächsten Beitrag möchte ich aus finanzplanerischer Sicht der Frage nachgehen, ob Wohneigentum generell eine gute Altersvorsorge ist.