Was ist eigentlich der Umwandlungssatz?

Die BVG Renten werden sinken

Sinkende Zinsen auf den Kapitalmärkten und eine gestiegene Lebenserwartung machen eine Anpassung der BVG Umwandlungssätze notwendig. Klar ist: Die BVG Rente werden sinken. Weniger klar ist vermutlich für die meisten Menschen, was der Umwandlungssatz überhaupt ist. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen zeigen, was der BVG Umwandlungssatz ist, an welchen Parametern (Einflussgrößen) er festgemacht wird und was in den nächsten Jahren auf Sie zukommt.

Was ist der BVG Umwandlungssatz?

Eigentlich ist es gar nicht schwer nachzuvollziehen, was der BVG Umwandlungssatz ist, denn man sieht es ihm förmlich an. Der aktuelle Umwandlungssatz beträgt nämlich 6,8% (für Männer ab 65 und für Frauen ab 64 Jahren). Ein Umwandlungssatz von 6,8% bedeutet, dass man 6,8% des angesparten BVG Kapitals als jährliche Rente erhält. Lebenslänglich.

Der BVG Umwandlungssatz ist also jener Wert, mit welchem ein Kapital verrentet wird.

Unterschied Rentensatz einer Versicherung zum Umwandlungssatz BVG

Rentensätze kennt man auch bei der privaten Rentenversicherung. Allerdings sind diese viel tiefer als jene des BVG. Warum? Weil zum einen die Versicherung für den individuellen Rentenservice entschädigt werden will und zum andern, weil sie kein Risiko eingehen mag. Die Rentensätze entsprechen also den tatsächlichen Verhältnissen bezüglich Lebenserwartung und Kapitalerträgen.

Wie funktioniert eigentlich eine Rente?

Es gibt zwei Arten von Rentensystemen. Das eine System wird finanziert, indem die arbeitende Bevölkerung Beiträge leistet, um den Rentnerinnen und Rentnern eine Rente auszahlen zu können. Dieses System nennt man Umlageverfahren, weil kein Kapital aufgebaut wird, sondern die Einnahmen gleich wieder in Form von Renten ausbezahlt werden. Es ist ein Solidarsystem (die Jungen zeigen sich solidarisch mit den Älteren, in der Hoffnung, dass die nächste Generation ebenso denkt…).

Das andere System ist eigentlich nicht solidarisch aufgebaut. Hier finanziert jeder seine Rente selbst. Je mehr man spart, desto mehr Rente bekommt man am Ende auch. Das stimmt allerdings nur im Durchschnitt, denn um eine lebenslängliche Rente bezahlen zu können, müsste man ganz genau wissen, wie alt ein Mensch am Ende wird. Weiss man auf die Einzelperson bezogen, aber selbstverständlich nicht, sondern nur in Bezug auf die große Masse. Der Rentensatz in diesem System basiert also auf der erwarteten Lebenserwartung des Durchschnitts. Der Rentensatz (oder beim BVG der Umwandlungssatz) wird also möglichst exakt so eingestellt, dass bei einer angenommenen Lebenserwartung und eine angenommenen Durchschnittsverzinsung, am Ende kein Geld mehr übrigbleibt. Im Durchschnitt wohlverstanden. Diese Verfahren nennt sich Kapitaldeckungsverfahren, weil das benötigte Kapital am Anfang vorhanden sein muss (die zukünftigen Rentenzahlungen müssen mit Kapital gedeckt sein).

Die Einflussfaktoren

Wie bei der Erklärung des Kapitaldeckungsverfahrens bereits erwähnt, hängt die Höhe der Rente von der Lebenserwartung ab. Denn je länger ein Mensch lebt, desto mehr Rentenzahlungen werden fällig. Sinkt die Lebenserwartung, steigt die Rente (weil das vorhandene Kapital auf weniger Rentenzahlungen verteilt werden muss). Steigt die Lebenserwartung, sinkt die Rente, weil mehr Auszahlungen eingeplant werden müssen.

Das Kapital für eine Rente wird nicht auf einen Schlag fällig, sondern liegt zwanzig bis dreissig Jahre in einem Anlagepool, bis es gänzlich ausbezahlt worden ist. In dieser Zeit erwirtschaftet das Kapital Erträge, welche die Rente erhöhen. Steigen die Zinsen, steht mehr Geld für Rentenzahlungen zur Verfügung und die Renten können steigen. Sinken die Zinsen, fehlen diese Erträge und die Renten müssen gesenkt werden.

Sinkende Renditen

Wie Sie auch bei Ihren privaten Kapitalanlagen bemerkt haben dürften, sind die Zinsen in den letzten Jahren stark gesunken. Das betrifft auch die Kapitalanlagen der beruflichen Vorsorge (BVG). Zwar konnten diese zu Beginn dadurch ausgeglichen werden, dass bei sinkenden Zinsen, Obligationen und Anleihen an Wert gewannen, aber diese Zeiten sind vorbei.

Auch Aktiengewinne können die Gewinne auf dem BVG Vermögen erhöhen, sind jedoch mit Risiken verbunden (es gibt auch Zeiten, in denen die Aktien fallen…). Ausserdem dürfen BVG Anlagen nur einen beschränkten Teil ihrer Anlagen in Aktien investieren.

Bleiben noch die Immobilien, welche traditionell eine wichtige Anlageklasse von Pensionsfonds sind. Hier sind die Preise stark gestiegen. Allerdings zeigen diese Preissteigerungen nur dann ihre volle Wirkung, wenn die Objekte verkauft werden. Ausserdem sind die Preise inzwischen so hoch, dass die Rendite auf Neuerwerbungen sehr bescheiden sind. Und irgendwie müssen die neuen Beiträge ja investiert werden…

Und da sind noch die lästigen Negativzinsen, welche die Nationalbank von den Banken verlangt und welche diese an ihre Kunden weitergeben…

Kurz: Viele Pensionskassen hatten in den letzten Jahren große Mühe, die notwendige Rendite auf ihren Anlagen tatsächlich zu erwirtschaften.

Steigende Rentenbezugszeiten

Nicht nur die fallenden Zinsen sorgten dafür, dass sich der gesetzlich Umwandlungssatz mehr und mehr von der Realität entfernte. Auch die steigende Lebenserwartung sorgte dafür, dass die berechneten Renten im Grunde viel zu hoch waren.

Wenn immer weniger Kapital (weniger Zinsen) für immer längere Rentenbezugszeiten (steigende Lebenserwartung) bereitsteht, müssen entweder die Renten sinken oder die Vorsorgewerke gehen früher oder später pleite.

Weil laufende Renten garantiert sind, geschah etwas, dass es in einem Kapitaldeckungsverfahren eigentlich nicht geben dürfte: Die Versichertengemeinschaft wurde zur Solidargemeinschaft. Oder anders formuliert: Den jungen Beitragszahlern werden Zinserträge vorenthalten, um die zu hohen Rentenzahlungen der Rentenbezügern zu finanzieren.

Das ist systemwidrig und kommt bei genauerer Betrachtung einem Diebstahl ziemlich nahe…

Zweiteilung des Systems

Die berufliche Vorsorge schreibt eine Minimalversorgung vor – das BVG Obligatorium. Sämtliche gesetzlichen Vorgaben bezüglich des Umwandlungssatzes beschränken sich auf diesen Teil des Alterskapitals.

Die allermeisten Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern jedoch eine Versorgung, welche über diese Obligatorium hinausgeht. Etwa, indem sie schon Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit tieferen Gehältern BVG versichern oder indem Sie gegen oben keine Versicherungsgrenze festlegen, bzw. höhere Beitragszahlungen leisten.

Der überobligatorische Teil ist nicht im selben Masse reguliert, wie der obligatorische. Im überobligatorischen BVG arbeiten die Versicherer mit belastbaren mathematischen Modellen. Entsprechend sind hier die Umwandlungssätze viel stärker gesunken, das im obligatorischen BVG.

Zum Vergleich:

1985 startete das BVG mit einem Umwandlungssatz von 7,2 %. Heute stehen wir bei 6,8%.

Bei der Pax lag der Umwandlungssatz gemäss WHP im überobligatorischen Bereich 2020 bei 5,05%, 2021 bei 4,9% und im Jahr 2022 bei 4,75%*. (Der Versicherer PAX ist hier lediglich als Beispiel genannt – Dies ist keine Bewertung). Wir sehen hier eine Rentenkürzung von 6% in zwei Jahren!

Besonders bei überdurchschnittlich Verdienenden stellt das überobligatorische BVG meist den größeren der beiden Bereiche dar!

Eine Reform tut Not!

Der Bundesrat hat in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern einen Reformprozess für das BVG eingeleitet.

Dieses Paket wurde im Dezember im Nationalrat behandelt. So wie es aussieht, dürfte das Paket im September dem Volk zur Abstimmung präsentiert werden.

Im Kern geht es darum, den Umwandlungssatz BVG und damit die BVG Rente zu senken.

Einen Ausgleich für die dadurch erwarteten Vorsorgelücken zu schaffen:

  • Die Beitragszahlungsdauer wird erhöht
  • Das versicherte Einkommen beginnt tiefer (Mehr Beiträge)
  • Für die Übergangsphase wird ein fester Rentenzuschlag geleistet (AHV finanziert)

Mehr dazu finden Sie hier:

https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/bv/reformen-und-revisionen.html

https://www.nzz.ch/finanzen/bvg-reform-das-sind-die-folgen-fuer-die-renten-der-pensionskassen-ld.1660178

Im September wissen wir mehr. So oder so tun Sie jedoch gut daran, sich die Entwicklung – gerade im überobligatorischen Bereich genau anzusehen und sich bei Bedarf beraten zu lassen, ob es sich lohnt vorzeitig in Rente zu gehen, weitere Einzahlungen zu leisten oder den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen und andere Vorsorgemöglichkeiten zu nutzen.

 

*Irrtum vorbehalten.