Erben und Wohnen

Nicht erst seit dem Immobilienboom im Zuge von Finanzkrise und Niedrigzinsphase, ist in der Schweiz Immobilienbesitz der einfachste und in den meisten Fällen der sicherste Weg sich ein kleineres oder ein größeres Vermögen aufzubauen. Für die Hausbesitzer ist das selten ein bewusster Vorgang. Besonders im Falle von selbstbewohntem Wohneigentum stellt das Eigentum mehr ein emotionaler Wert, denn ein Vermögen dar. Entsprechend naiv geraten viele Familien in Situationen, welche für alle Beteiligten höchst unangenehm sind.

Es ist ein großer Fehler, das Familienheim nicht immer auch als Vermögenswert zu sehen. Zum einen, weil darauf geachtet werden muss, ein Gleichgewicht in der Vermögensstruktur, vor allem aber in der Altersvorsorge zu wahren. Letzteres, um zu verhindern, nach dem Wegfall des Erwerbseinkommen vielleicht (im wahrsten Sinne des Wortes) steinreich zu sein, in Ermangelung von genügendem Ersatzeinkommen (Rente, Pension, Zinsen), aber nicht auf liquide Mittel zurückgreifen zu können.

Was uns in diesem Beitrag jedoch beschäftigen soll, sind die Dramen, welche sich abspielen, wenn aus einem ideellen Wert schlussendlich doch Vermögen wird. Das ist spätestens dann der Fall, wenn einer Beteiligten stirbt. Meistens ereilt Familien dieser Moment jedoch deutlich früher.

Gerade weil Immobilien keine liquide Mittel sind, also weder beliebig geteilt noch einen präzisen Wert besitzen, sorgen sie regelmässig für Streit unter Familien. Denn, da müssen wir uns nichts vormachen: Für Sie als Hausbesitzer oder Hausbesitzerin mag ein Haus einfach nur ihr Zuhause sein. Für die Kinder, welche dieses Heim längst verlassen haben, ist es nicht selten so etwas wie Sparschwein, dass irgendwann zur Schlachtbank geführt wird. Und wenn es so weit ist, will an diesem Schlachtfest jeder seinen Anteil haben.

Klingt unromantisch. Ist es auch. Aber unter uns gesagt: Sentimentalitäten, sei es in Bezug auf das Haus oder die wunderbaren Kinder, sind der Sache hier nicht dienlich. Wenn Sie ihre Familie lieben, sollten Sie ganz im Gegenteil, die Welt in einem nüchternen, sachlichen Licht betrachten. Und genau so handeln, wenn Sie die Dinge so früh wie möglich proaktiv regeln.

Es gibt grob gesehen drei Punkte, in denen eine Immobilie (bzw. das Vermögen dahinter) zum Problem werden. Eigentlich zwei, denn ein Anlass kommt eigentlich doppelt vor:

  1. Das Objekt wird einem von mehreren Kindern übergeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob dies nun geschieht, in dem die Liegenschaft vermietet, verschenkt oder verkauft wird.
  2. Im Erbfall, wenn ein Ehegatte (im ungünstigsten Fall die Frau) überlebt.
  3. Beim finalen Erbfall, wenn das Objekt ganz an die Kinder übergeht.

Wir wollen diese drei Fälle gleich kurz beleuchten, um danach (in einem Folgebeitrag) zu schauen, wie wir diese Probleme, wenn nicht vermeiden, so doch deutlich mindern können. Bevor wir damit beginnen, sollten wir uns aber noch eines klarwerden:

Es kann alle treffen!

Es kann alle treffen. Ganz egal ob Sie glauben, ihre Familie sei immun gegenüber Neid und materiellen Reizen, alle hätten genug und bräuchten nicht mehr. Und überhaupt seien die persönlichen Verhältnisse untereinander zu gut, Eifersucht keine Chance hätte.

Die Erfahrung zeigt, dass sich darüber niemand sicher sein kann, dass alles immer in Harmonie verläuft. Ganz egal, wie die Situation zuvor ausgesehen hat. Es gibt dafür mannigfache Gründe:

  • Ein Lebenspartner sorgt für Unruhe
  • Eine Scheidung führt dazu, dass sich die finanziellen Umstände ändern
  • Ein Kind will sich selbständig machen oder den Betrieb ausbauen und braucht Geld
  • Es gab schon immer latente Konflikte, welche aber nie offen aufgetreten sind
  • Zwei Kinder verstreiten sich aus anderen Gründen
  • Arbeitslosigkeit
  • Krankheit
  • Alkohol und Drogen
  • v.a.m.

Keinen dieser Punkte können Sie für die Zukunft ausschliessen. Niemand kann das! Entsprechend ist es klug, wenn man sich vorsieht und die möglichen Konflikte möglichst frühzeitig angeht. Natürlich vorausgesetzt, dass Ihnen der Familienfrieden oder zumindest das Wohlbefinden ihres Ehepartners wichtig ist.

Das Haus bleibt in der Familie

Es ist leicht nachvollziehbar, dass es durchaus mit Problemen verbunden sein kann, wenn das Haus oder die Eigentumswohnung innerhalb der Familie übertragen wird. Dabei spielt es in den meisten Fällen überhaupt keine Rolle, ob man das Objekt vermietet, verkauft oder verschenkt. So oder so könnte sich ein anderes Kind benachteiligt fühlen. Entweder weil es selbst gerne eingezogen wäre oder den Preis (Miete oder Verkaufspreis) als zu tief betrachtet.

Solche Konflikte müssen nicht sofort auftauchen. Gut möglich, dass sie eine Weile unterschwellig wirken und erst zu einem späteren Zeitpunkt aufbrechen. Etwa, wenn irgendein Ereignis als Katalysator wird. Der Klassiker ist jedoch der spätere Erbfall. In den Augen vieler Menschen der passende Zeitpunkt, offene Rechnungen zu begleichen.

Nicht immer zeigt sich dieser Konflikt sofort. Gut möglich, dass er unterschwellig wirkt und zu einem späteren Zeitpunkt aufbricht oder für Ärger bei der Erbteilung führt.

Dieser Situation können Sie nur vorbeugen, wenn Sie innerhalb des Familienverbundes einen offenen Dialog starten. Setzen Sie sich mit allen Familienangehörigen an einen Tisch, erläutern sie ihre Vorstellungen und suchen Sie einen familieninternen Konsens, mit dem alle leben können.

Der erste Erbfall

In der Schweiz ist es die Regel, dass im Erbfall das Vermögen erst zwischen den Eheleuten geteilt und danach die übriggebliebene Hälfte wiederum zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern aufteilt wird. Konkret verbleiben damit 75% des Vermögens beim überlebenden Ehegatten. Daran lässt sich – wenn man sich die Mühe macht ein Testament zu machen – den Anteil der Kinder auf 12,5% (also ein Viertel der zu verteilenden Hälfte) zu senken.

Je grösser der Anteil des Hauses am Gesamtvermögen ist, desto schwieriger wird es für den überlebenden Ehegatten, die übrigen Erben auszuzahlen.

Das unausgewogene Verhältnis von festem Anlagevermögen (Betongold) und Liquidität wird vielen Überlebenden zu Verhängnis. Entweder, weil sie der Verpflichtung nachkommen und sich dadurch jeder finanziellen Flexibilität berauben.

Fast noch schlimmer, ja demütigend kann es sein, wenn dies nicht möglich ist. Nicht immer, aber gar nicht so selten, hängt in einer solchen Situation die latente Forderung in der Luft, man möge sich doch vom Wohneigentum trennen. Schliesslich sei es doch jetzt zu gross, zu unpraktisch und zu teuer im Unterhalt…

Eigentlich kann man diese Konfliktsituation einfach lösen. Aber man muss es tun. Leider verweigern sich aber viele Menschen dem formalen Schritt ein sinnvolles Testament niederzuschreiben.

Der finale Erbfall nach dem Tod des Letztversterbenden

Der Tod des zweiten Ehegatten führt nicht selten zur großen Abrechnung. Wer kennt sie nicht, die hässlichen Streitigkeiten von Erbengemeinschaften, in denen die eine Partei, der anderen nichts gönnt. Selbst kleinste Zugeständnisse werden verweigert, während man nicht davor zurückschreckt die eigenen Ansprüche vor Gericht durchzusetzen.

Dabei sind die Streitfragen oft absurd. Auch stehen die finanziellen und emotionalen Kosten regelmässig in einem derartigen Missverhältnis, dass es Aussenstehenden schwer fällt zu erkennen, um was es sich überhaupt dreht.

Aber darüber machen sich die Hauptdarsteller solcher Possen keine Gedanken. Denn dies ist für sie der Zeitpunkt offene Rechnungen zu begleichen. Koste es was es wolle.

Natürlich sind solche Eskalationen nicht die Regel. Genau genommen sind sie lediglich die Spitze des Eisbergs. Wie so oft im Leben, lässt sich das Gebaren von Erbengemeinschaften nicht einfach in Schwarz und Weiss unterteilen. Es gibt zwischen den Extremen ein breites Feld an Grautönen.

Was auf den ersten Blick beruhigend klingt, ist in Wirklichkeit ein Hinweis darauf, dass auch Grautöne geeignet sind, den Familienfrieden nachhaltig zu zerstören.

So oder so tun Hausbesitzer mit Familiensinn gut daran, mögliche Konflikt- und Reizpunkte vorausschauend zu beseitigen, um damit zu verhindern, dass sich die Kinder nach ihrem Tod zerstreiten.

Am einfachsten regelt man dies, indem die Erbteilung mit einem Testament gut vorbereitet wird. Ein Testament, welches klar, einfach und nachvollziehbar abgefasst wird und welches vermeidet durch komplizierte Bedingungen neues Leid zu provozieren.

Konkrete Tipps zum Thema „Erben und Wohnen“

Das Thema Erben und Wohnen wird uns zukünftig natürlich noch oft begegnen, denn in einem Blog für Menschen über 55 ist das eines der grössten Problemfelder überhaupt. Ein Themengebiet, dem wir uns gerne widmen. In den Folgebeiträgen werden wir uns exakt mit den Lösungsansätzen zu „Erben und Wohnen“ beschäftigen. Natürlich gibt es dazu keine Allheillösungen, aber es gibt schon Mittel und Wege, sich möglichst sicher in diesem (emotionalen) Minenfeld zu bewegen.